Hallo, hier ist Daniela von German with Stories und ich freue mich sehr, dass du wieder dabei bist. Frohes Neues Jahr, falls du diese Episode kurz nach ihrer offiziellen Veröffentlichung am 1. Januar 2024 hörst. Tatsächlich ist für mich heute der 21. Dezember. Ich kann die Podcast-Folgen ja nicht auf den letzten Drücker aufnehmen, weil ich auch das Worksheet und das Transkript fertigstellen und alles auf der German with Stories Website zur Verfügung stellen muss. Eigentlich müsste ich dir also einen guten Rutsch wünschen. Das macht man vor Mitternacht am 31. Dezember und danach sagt man dann „Frohes Neues Jahr“.
Natürlich war ich versucht, etwas zum Thema „Gute Vorsätze für das neue Jahr“ oder „Rückblick/Ausblick“ zu erzählen, aber dann habe ich mich doch dagegen entschieden. Stattdessen werde ich heute über die Fremdsprachenkenntnisse der Deutschen sprechen. Viele denken, dass jeder Deutsche sehr gut Englisch spricht, aber das stimmt gar nicht. Also, auf die jüngere Generation, sagen wir mal unter 35, trifft das größtenteils zu. Vor allem das Internet hat das möglich gemacht, denn es ist seit 20 bis 25 Jahren viel einfacher, alles Mögliche auf Englisch zu konsumieren. Oder auch in anderen Sprachen.
Aber fangen wir doch mal im 18. Jahrhundert an. Damals war es für Söhne und oft auch Töchter aus gutem Haus normal, mehrere Sprachen zu lernen. Deutschlands berühmtester Dichter Johann Wolfgang von Goethe lernte zum Beispiel Latein, Griechisch und Hebräisch. Das war damals üblich, um Bücher und Dokumente lesen zu können. Latein war noch sehr präsent, Griechisch nicht mehr ganz so und Hebräisch doch eher ungewöhnlich. Es lag bei Goethe vielleicht daran, dass er in Frankfurt geboren und aufgewachsen ist, wo zu seiner Zeit sehr viele Juden lebten. Außerdem sprach Goethe fließend Englisch, Französisch und Italienisch. Er war also ein Polyglott.
Tagelöhner, Handwerker oder Bauern waren natürlich nicht mehrsprachig. Oft konnten sie noch nicht einmal lesen und schreiben. Lange Zeit war Französisch die beliebteste Fremdsprache im Bürgertum, in der Bourgeoisie. Deshalb haben viele französische Wörter wie eben Bourgeoisie ihren Weg ins Deutsche gefunden. Mittlerweile sind allerdings viele schon wieder verschwunden.
Ich habe ein bisschen recherchiert und herausgefunden, dass Englisch 1957 Pflichtfach an deutschen Gymnasien und Mittelschulen wurde. Meine Mutter war auf so einer Mittelschule und hatte Englischunterricht. Und auch zwei Jahre Französischunterricht, wenn ich mich korrekt erinnere. Mein Vater war hingegen auf einer Volksschule und hat keine Fremdsprache gelernt. Die Volksschule gibt es heute nicht mehr. Sie dauerte acht Jahre, d.h. die Kinder oder Teenager beendeten sie mit 14 und fingen dann an zu arbeiten. Andere Zeiten. Meine Großeltern haben auch kein Englisch in der Schule gelernt. Allerdings konnte mein Großvater ein bisschen Englisch, weil er knapp zwei Jahre als Kriegsgefangener in Texas war.
In den 70er Jahren war Englisch dann schon für alle obligatorisch. Wir waren 10 Jahre alt, als wir mit dem Englischunterricht anfingen. Ich hatte das Glück, dass ich einen wirklich guten Englischlehrer hatte und außerdem haben mich Fremdsprachen irgendwie ziemlich früh fasziniert. Natürlich war mein Englischlehrer Deutscher und sprach nicht perfekt Englisch. Ich hatte dann auch noch sieben Jahre Französisch und zwei Jahre Latein. Letzteres fand ich nicht so lustig, weil wir nur uralte Texte übersetzt haben. Heute sind die Lateinbücher interessanter, glaube ich.
Obwohl seit den 1970ern also alle Kinder Englisch in der Schule lernen, sprechen viele ältere Deutsche nicht gut Englisch oder gar Französisch, vor allem nicht in den kleinen Städten. In Großstädten oder in touristischen Gegenden ist das natürlich anders. Das merkt man heute noch bei vielen deutschen Politikern. Während niederländische oder schwedische Politiker über 50 problemlos eine Rede auf Englisch halten, machen viele deutsche Politiker im gleichen Alter das entweder gar nicht oder nur sehr ungern.
Viele gut ausgebildete Leute unter 40 sprechen dagegen ausgezeichnet Englisch, weil sie zum Beispiel längere Zeit im englischsprachigen Ausland waren oder sogar auf Englisch studiert haben.
Bis jetzt habe ich nur über Westdeutschland gesprochen. Bei den Menschen, die im Osten aufgewachsen sind, sieht es natürlich noch einmal anders aus, denn sie hatten bis zum Fall der Berliner Mauer Russisch als Pflichtfach. Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt aus dem Osten und spricht sehr gut Russisch. Ebenso wie Wladimir Putin sehr gut Deutsch spricht, da er in den 1980ern als KGB-Agent in Dresden gelebt hat. Da hätte ich doch gern mal Mäuschen gespielt, um zu erfahren, wie die beiden sich so unterhalten haben.
Eine gute Freundin von mir kommt aus Ostdeutschland und hat erst als Erwachsene Englisch gelernt. Sie meinte, Russisch hätte ihr wie den meisten ihrer Mitschüler nicht wirklich Spaß gemacht, aber zwischenzeitlich war sie mehrfach in einigen der ehemaligen Sowjetrepubliken und in Uzbekistan, Tadschikistan, Kasachstan etc kommt man außerhalb der Hauptstädte mit Russisch wohl weiter als mit Englisch. 20 Jahre nach ihrem Schulabschluss war meine Freundin also ganz glücklich, dass ihr als Kind Russisch aufgezwungen wurde.
Während an deutschen Schulen weiterhin vor allem Französisch als zweite Fremdsprache gelehrt wird, sieht es bei Sprachkursen anders aus. Ich habe eine Statistik gefunden, die sagt, dass Englisch auf dem ersten Platz steht. Finde ich interessant, dass offenbar viele Deutsche neben oder nach der Schule noch weiter Englisch lernen. Nun gut, Englisch ist nun einmal sehr wichtig für den Beruf und auch fürs Reisen. An zweiter Stelle steht bei dieser Statistik Spanisch. Das überrascht mich nicht. Deutsche lieben Spanien als Urlaubsland und die Sprache ist relativ leicht zu erlernen. Selbst meine Mutter hat schon in den 80er Jahren mal einen Spanischkurs gemacht. Auf Platz drei folgen dann je nach Bundesland entweder Französisch oder Italienisch.
Ich habe dann noch eine andere Statistik gefunden und die sieht ganz anders aus. Du kennst bestimmt die App Babbel zum Sprachenlernen, nicht wahr? Also, die fünf beliebtesten Sprachen bei Babbel-Usern in Deutschland sind Norwegisch, Schwedisch, Niederländisch, Deutsch und Französisch. Häh, Deutsch? Ja, Deutsch. Gibt ja schließlich jede Menge Ausländer in Deutschland und die müssen Deutsch lernen. Sollten sie zumindest. Die ersten drei Sprachen finde ich viel überraschender. Warum lernen so viele Menschen in Deutschland Norwegisch oder Schwedisch? Keine Ahnung, um ehrlich zu sein. Die Niederlande sind ein Nachbarland, das macht mehr Sinn. Vielleicht liegt es einfach daran, dass es online nicht so viele Optionen gibt, Norwegisch, Schwedisch oder Niederländisch zu lernen und sich deshalb vieles auf Babbel konzentriert. Die App ist in Deutschland ziemlich populär, ist ein deutsches Unternehmen, wenn ich mich nicht irre.
Zurück zum Thema. Mal abgesehen von den vielen Deutschen, die eine, zwei oder mehr Fremdsprachen gelernt haben, gibt es natürlich auch immer mehr Menschen in Deutschland, die zwei- oder mehrsprachig aufwachsen. Das sind dann allerdings keine Fremdsprachen. Meine Kinder haben Deutsch und brasilianisches Portugiesisch als Muttersprachen und dazu noch ihre Fremdsprachen. Sowas war selten, als ich Kind war, weil kaum jemand Eltern aus zwei verschiedenen Ländern hatte. Natürlich haben die Gastarbeiterkinder Deutsch gelernt und zu Hause Italienisch oder Türkisch gesprochen. Meine spanische Freundin betrachtet Deutsch als ihre Muttersprache, obwohl sie mit ihren Eltern nur Spanisch gesprochen hat. Aber sie wurde in Deutschland geboren, hat nie in Spanien gelebt und seit ihre Eltern tot sind, spricht sie auch mit ihren Geschwistern nur noch Deutsch.
Mein Eindruck zu den Deutschen und ihren Fremdsprachenkenntnissen ist, dass wir zwar meistens relativ gut eine oder zwei Fremdsprachen sprechen, aber die Niederländer, Skandinavier und auch viele Osteuropäer sprechen viel besser Englisch als viele von uns Deutschen. Wir haben zwar auch die Tendenz, bei Ausländern bzw Touristen schnell ins Englische zu wechseln, wenn wir merken, dass ihr Deutsch nicht so gut ist, aber es ist nicht ganz so schlimm wie zum Beispiel in den Niederlanden oder Norwegen. Ich hatte vor etwa 15 Jahren mal die Idee, nach Norwegen auszuwandern, habe fleißig Norwegisch gelernt, war dann mal in Norwegen und alle haben Englisch mit mir gesprochen. Das passiert in Deutschland nicht oder wie ist deine Erfahrung?
So, das war alles für heute. Ich wünsche dir und natürlich auch mir, dass 2024 ein erfolgreiches Jahr in Sachen Fremdsprachen wird.