2. Buenos Aires – Alltag zwischen Inflation und Dauerkrise

I recommend downloading the PDF. In addition to the transcript and the vocabulary list, it includes additional explanations and example sentences for words and expressions from the text and a link to another audio file where you can listen to the example sentences. 

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  • sich wohlfühlen, to feel good
  • abschließen, to finish/to end
  • die Weltspitze, world leader
  • sich vorstellen, to imagine
  • sich beschweren, to complain
  • vor ungefähr 40 Jahren, about 40 years ago
  • entwickelte und unterentwickelte Länder, developed and undeveloped countries
  • außerdem, apart from that
  • gegen alle Wahrscheinlichkeiten, against all odds
  • verwandeln, to transform
  • eines der reichsten Länder der Welt, one of the richest countries of the world
  • die Bevölkerung, population
  • die Armutsgrenze, poverty line
  • gebunden sein, to be tied
  • wert, worth
  • immer schlimmer, worse and worse
  • sich selbst bezeichnen als, to call oneself a
  • die Regierung, government
  • gelingen, to achieve
  • das Land wieder auf die Füße stellen, to put the country back on its feet

Hallo! Ich bin Daniela von German with Stories und in diesem Video erzähle dir, warum ich mich in Buenos Aires so wohl fühle und wie es sich lebt in dem Land, das 2023 mit einer höheren Inflationsrate als Venezuela abschloss und damit traurige Weltspitze ist. Ok, es kann sein, dass die Inflation im Libanon noch ein bisschen höher ist, das weiß ich nicht genau. Hier in Argentinien waren es über 200%. Du kannst dir also vorstellen, dass die Argentinier nur lachen, wenn sie hören, dass Leute sich über eine Inflationsrate von 10% beschweren. Vor ungefähr 40 Jahren hat der in Russland geborene amerikanische Ökonom Simon Kuznets gesagt, dass es entwickelte und unterentwickelte Länder gibt. Außerdem gibt es Japan und Argentinien. Japan, das sich gegen alle Wahrscheinlichkeiten in ein prosperierendes Land verwandelt hat und Argentinien, das Anfang des 20. Jahrhunderts eines der reichsten Länder der Welt war und wo heute mehr als 40% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben. 

Ich bin keine Ökonomin und dieses Video soll auch kein Video über die Geschichte Argentiniens werden, aber um die Dimension der Inflation hier zu verstehen, solltest du wissen, dass der argentinische Peso zwischen 1991 und 2002 fest an den US-Dollar gebunden war. Ein Dollar war einen Peso wert. Jetzt, 22 Jahre später, ist ein Dollar knapp 1300 Pesos wert. Etwa ab 2018 wurde die Inflation immer schlimmer. Seit Dezember 2023 hat Argentinien einen neuen Präsidenten, Javier Milei. Vielleicht hast du von ihm gehört. Ein Libertärer, der sich selbst als Anarchokapitalisten bezeichnet und so wenig Staat wie möglich möchte. Man kann ihn mögen oder nicht – ich mag ihn, aber man sollte vor allem hoffen, dass es ihm und seiner Regierung gelingt, dieses Land wieder auf die Füße zu stellen

  • abgesehen von, with the exception of
  • das erste Mal, for the first time
  • auf Anhieb, immediately
  • sich verlieben in, to fall in love with
  • eigentlich, actually
  • deshalb, that’s why, therefore
  • bevorzugt, preferred
  • die Jahreszeit, season
  • nennen, to call
  • ganz anders, totally different
  • wirken, to seem/to appear
  • die Kolonialmacht, colonial power
  • die Dauerkrise, permanent crisis
  • merken, to notice
  • der Stadtteil, neighbourhood
  • ähnlich, similar
  • empfehlenswert, recommended
  • die Ausländerin, female foreigner
  • als Person, der man ansieht, as a person who is seen as
  • ich sehe hier aus wie die moisten anderen Menschen, I look like most other people here
  • europäisch geprägt sein, tob e European in character
  • der Vorfahr, ancestor
  • die Abstammung, descent

Abgesehen von einem kurzen Ausflug in den 1990ern war ich 2017 das erste Mal für längere Zeit in Buenos Aires und habe mich auf Anhieb in diese Stadt verliebt. Eigentlich wollte ich schnell wieder zurück, aber 2018 und 2019 passierten so einige Sachen in meinem Leben und dann kam die Pandemie. Argentinien hatte einen der längsten Lockdowns der Welt und auch danach war das Reisen in Mexiko, der Karibik und Osteuropa einfacher als in Südamerika. Deshalb bin ich erst im Juni 2023 wieder in Buenos Aires gelandet. Mitten im Winter. Das ist eigentlich nicht meine bevorzugte Jahreszeit. Aber es wird nicht extrem kalt und, nun ja, Buenos Aires ist Buenos Aires. Man nennt die Stadt oft das Paris Südamerikas wegen ihrer grandiosen Architektur, die so ganz anders ist als in den anderen Hauptstädten der Region. In Peru, Bolivien und auch Mexiko findet sich eher spanische Kolonialarchitektur. In Buenos Aires ist alles größer und schöner. Der Stil wirkt tatsächlich französischer, obwohl die Franzosen hier ja nie Kolonialmacht waren. Auch nach knapp 100 Jahren mehr oder weniger Dauerkrise merkt man nach wie vor, dass diese Stadt einmal sehr reich war. Natürlich nicht alle Stadtteile. Ähnlich wie in Paris ist auch die Peripherie von Buenos Aires alles andere als super und es ist nicht empfehlenswert, dort als Ausländerin durch die Straßen zu laufen. Oder sagen wir besser: Als Person, der man ansieht, dass sie nicht ganz arm ist. Denn in Buenos Aires sieht man nicht sofort, dass ich Ausländerin bin. Das merken die Leute erst, wenn ich den Mund aufmache. Anders als in Peru oder Bolivien sehe ich hier so aus wie die meisten anderen Menschen. Argentiniens Bevölkerung ist stark europäisch geprägt. Ungefähr die Hälfte aller Argentinier hat italienische Vorfahren und immerhin 7% sind deutscher Abstammung

  • wegen, because of
  • egal, ob, no matter if/whether
  • letzteres, the latter
  • ab und zu, sometimes
  • verschenken, to give away
  • lagern, to store
  • klingt irgendwie komisch, sounds somehow funny
  • bedeuten, to mean
  • in erster Linie, primarily
  • zur Verfügung haben, to have at one’s disposal
  • sich erinnern an, to remember
  • damals, back then
  • selbst, hier: even
  • ein preiswertes Reiseziel, an economic travel destination
  • mit entsprechender Lautstärke, with corresponding volume
  • Das ist nicht so mein Ding, that’s not my cup of tea
  • ständig, continuously
  • anpassen, to adapt
  • überkleben, to paste over/to put another sticker on the price
  • Pesos sparen, to save pesos
  • Geld ausgeben, to spend money
  • halbwegs ok verdienen, to have a decent salary
  • umtauschen, to exchange
  • das einzige Land, the only country
  • überweisen, to transfer
  • auszahlen, to pay out
  • unglaublich hohe Gebühren, unbelievably high fees
  • mit dem höchsten Wert, with the highest value
  • ich habe noch nie einen gesehen, I have never seen one
  • passen, to fit
  • das Portemonnaie, wallet
  • die Tüte, (plastic) bag

Mal abgesehen vom europäischen Touch liebe ich Buenos Aires auch wegen seiner Theater und Buchläden. Vor ein paar Monaten war ich hier zum ersten Mal seit Jahren mal wieder im Theater. Ein Stück über die französische Sängerin Edith Piaf habe ich mir angeschaut. Früher bin ich viel ins Theater gegangen und ich merke, dass ich das wieder machen möchte. Außerdem lesen die Argentinier viel.  Egal, ob man mit der U-Bahn fährt oder im Café sitzt, ganz oft gibt es Personen, die ein Buch lesen. Und nicht auf ihr Handy starren. Letzteres machen natürlich viele, aber ich freue mich immer, wenn ich Leute sehe, die ein Buch lesen. Ich selber habe seit Mitte Dezember auch schon drei Bücher gelesen. Eigentlich macht es ja wenig Sinn, als digitale Nomadin Bücher zu kaufen, aber ich habe das immer ab und zu gemacht und sie dann nach dem Lesen verschenkt. Hier in Buenos Aires habe ich jetzt aber eine Baulera gemietet, wo ich Sachen lagern kann. Baulera heißt auf Deutsch Lagereinheit, glaube ich. Klingt irgendwie komisch. Storage Unit. Baulera klingt am besten. Wir sollten das Wort ins Deutsche importieren. 

Und wie ist das nun mit der Inflation? Nun, für die Argentinier bedeutet es in erster Linie, dass die Preise schneller steigen als ihre Gehälter und sie jeden Monat weniger Geld zur Verfügung haben. Die Argentinier meiner Generation werden sich wohl noch gut an die Hyperinflation von 1990 erinnern. Über 2500% Inflation hatten sie damals. Keine Ahnung, wie man damit lebt. In Deutschland gab es die letzte Hyperinflation 1922/23. Selbst meine Großmutter kannte das nur aus den Erzählungen ihrer Eltern. Zurück zu Argentinien. Für Touristen ist Argentinien momentan ein sehr preiswertes Reiseziel. An den Wochenenden höre ich viel Portugiesisch. Ich denke, für Brasilianer ist ein Kurztrip nach Buenos Aires gerade eine gute Option. Auch unter digitalen Nomaden ist Argentinien seit einiger Zeit sehr populär. Sie wohnen bevorzugt im Stadtteil Palermo. Der ist zwar schön, weil er viele Parks hat, aber da sind mir einfach zu viele Ausländer. Und zu viele Bars mit entsprechender Lautstärke. Das ist nicht so mein Ding

Wenn man länger in Argentinien ist, sieht man, wie die Preise in den Geschäften und Restaurants ständig angepasst werden. Manche Cafés haben Speisekarten ohne Preise. Man bekommt stattdessen einen QR Code zu einer PDF, auf der die aktuellen Preise stehen. Oder die alten Preise werden überklebt. Es macht wegen der Inflation keinen Sinn, Pesos zu sparen. Also geben die Argentinier, die halbwegs ok verdienen, ihre Pesos entweder aus oder tauschen sie direkt in Dollar um. Argentinien ist das einzige Land, wo ich mir mein Geld bei Western Union hole. Also, ich überweise mir selbst Geld und bekomme es dann bei Western Union ausgezahlt. Geldautomaten sind keine Option, weil die Banken unglaublich hohe Gebühren haben. Natürlich kann man Dollar in Pesos tauschen, aber wenn man länger hier ist, hat man irgendwann keine Dollar mehr. Geld holen bei Western Union ist immer lustig, denn das hier, ein 1000-Peso-Schein, ist die Banknote mit dem höchsten Wert. Also, es gibt seit einigen Monaten auch 2000-Peso-Scheine, aber ich habe noch nie einen gesehen. Ich bekomme mein Geld also in 1000- und 500-Peso-Scheinen ausgezahlt. 1000 Pesos sind weniger als 1 Dollar.  Ich bekomme also sehr viele Scheine. Mehr als 30-40 Dollar in Pesos passen nicht in mein Portemonnaie, Deshalb nehme ich manchmal noch eine kleine Tüte mit Geld mit. 

  • bar bezahlen, to pay cash
  • der Rabatt, discount
  • der Fleischpreis, price of meat
  • die Parilla, Argentine barbecue
  • einzeln, single
  • vergleichen, to compare
  • die Armut, poverty
  • sichtbarer, more visible
  • empfinden, to perceive, to sense
  • der Obdachlose, homeless person
  • behaupten, to claim
  • vermuten, to suppose
  • in einem derart schlechten Zustand sein, to be in such a desolate condition
  • sesshaft werden, to become settled
  • es geht aufwärts, things are improving
  • herzliche Menschen, warm, friendly people
  • der Landesteil, part of a country
  • zukünftig, in the future
  • mit ziemlicher Sicherheit, with almost certainty
  • erfahren, to learn (about)

Wenn man bar bezahlt, bekommt man oft einen Rabatt von 10-20%. Kleine Geschäfte akzeptieren oft keine ausländischen Kreditkarten. 

Trotz Inflation und Dauerkrise sind die Cafés und Restaurants gut besucht. Aber ich höre oft, wie Preise diskutiert werden und vor allem in den Supermärkten schauen die Leute sehr genau, wie teuer die Produkte sind. Ganz wichtig ist der Fleischpreis. Ohne ihr Fleisch und ihre geliebte Parrilla können die meisten Argentinier nicht leben. Mich interessieren eher die Preise von Hygieneprodukten und Kosmetikartikeln. Wenn man etwas von guter Qualität kaufen will, ist das nicht billig und die Preise variieren zwischen den einzelnen Geschäften ziemlich stark. Auch ich vergleiche also die Preise.

Bevor ich im Dezember nach Buenos Aires geflogen bin, war ich einige Wochen in Bolivien und Paraguay und muss ehrlich sagen, dass ich die Armut dort als sichtbarer empfunden habe. Natürlich gibt es in Buenos Aires auch Obdachlose und zwar nicht wenige, aber das ist ja in Berlin nicht anders. Trotzdem würde ich mal behaupten, dass jemand, der nichts über Argentinien weiß, niemals vermuten würde, dass dieses Land makroökonomisch in einem derart schlechten Zustand ist. 

Da ich nach fast zehn Jahren als digitale Nomadin jetzt gern hier in Buenos Aires sesshaft werden möchte, hoffe ich natürlich sehr, dass es mit Argentinien wieder aufwärts geht. Das hätten vor allem die Argentinier verdient, die ich zum größten Teil als sehr nette, herzliche und intelligente Menschen erlebe. 

Tja, und da ich in Buenos Aires leben und von hier aus Kurztrips in andere Landesteile machen möchte, wirst du zukünftig mit ziemlicher Sicherheit noch mehr über Argentinien erfahren. Vielleicht kann ich dich ja dazu motivieren, dieses wunderschöne Land mal zu besuchen. Oder warst du schon einmal in Argentinien? Schreib es mir gern in die Kommentare. 

Anything you didn’t understand? Please write your question in the comments and I’ll answer as soon as I can. 

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