35 – Ausbildung, Fortbildung, Weiterbildung

Hallo, hier ist Daniela von German with Stories. Ich begrüße dich zu einer weiteren Folge für B1/B2-Lerner. Heute geht es um Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung, drei Konzepte, die für Deutschlerner oft verwirrend sind, denn irgendwie ist alles education oder training. Oder nicht? Hör dir die Folge an und ich verspreche dir, dass es danach nicht mehr so verwirrend ist.

Ich erzähle dir zuerst eine kleine Geschichte.

Lena hat mit 16 Jahren eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht. Diese Ausbildung hat drei Jahre gedauert. Während der Ausbildung hat Lena schon im Krankenhaus gearbeitet, aber sie hatte auch theoretischen Unterricht in einer Schule. Nach der Ausbildung hat Lena drei Jahre auf einer Intensivstation gearbeitet. Zweimal im Jahr hat sie eine Fortbildung gemacht. In einer Fortbildung ging es um das Thema Reanimation und in einer anderen Fortbildung hat sie gelernt, wie man empathisch mit Menschen spricht, deren Familienmitglieder auf der Intensivstation Patienten sind. Nach drei Jahren hat Lena eine Weiterbildung zur Fachkrankenschwester für Intensivpflege begonnen. Diese Weiterbildung hat zwei Jahre gedauert. Während dieser Zeit hat Lena regelmäßig Seminare besucht und musste am Ende eine Prüfung machen. Sie hat während der Weiterbildung weiterhin als Krankenschwester gearbeitet. Die Seminare fanden während ihrer Arbeitszeit statt.

Ok, das war ein typisches Beispiel für Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung in Deutschland. Ich habe Krankenpflege gewählt, weil ich selbst zehn Jahre als Krankenschwester gearbeitet habe, aber in ähnlicher Weise gilt das Konzept für alle Berufe. Schauen wir uns die drei Begriffe und was sie beinhalten nun genauer an.

Eine Ausbildung kann eine Berufsausbildung oder eine universitäre Ausbildung sein, aber normalerweise meinen wir Berufsausbildung, während eine universitäre Ausbildung ein Studium ist. Du weißt vielleicht, dass viele Berufe in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht nur theoretisch an einer Universität oder Fachschule gelehrt werden, sondern dass wir ein sogenanntes duales Ausbildungssystem haben. Dieses System entwickelte sich bereits im 19. Jahrhundert. Seit den 1960er Jahren ist es in allen drei Ländern Standard mit klaren Regeln und Gesetzen.

Die meisten Ausbildungen dauern drei Jahre. Der junge Mensch, der die Ausbildung macht, heißt der oder die Auszubildende. Meistens sagen wir kurz „Azubi“. Im Handwerk sagt man oft noch „die Lehre“, „eine Lehre machen“ statt „Ausbildung“, „eine Ausbildung machen“ und der Azubi ist dort „der Lehrling“. Da das Handwerk traditionell eine Männerdomäne war, gibt es keine feminine Form von „Lehrling“. Es ist grammatikalisch „der Lehrling“. Die Gruppe Menschen, die sogenannte genderneutrale Sprache propagiert – zu dieser Gruppe gehöre ich nicht – sagt gern „Lehrperson“. Aber Person ist grammatikalisch feminin. Ist das dann nicht für Männer diskriminierend? Fragen über Fragen, aber das ist nicht unser Thema heute.

Du kannst also in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Ausbildung machen, die drei Jahre dauert. Aber vorher musst  du einen Ausbildungsplatz finden, d.h. eine Firma, die dich ausbildet. Nicht jede Firma darf ausbilden. Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, da gibt es Gesetze. Wenn du einen Ausbildungsplatz gefunden hast, bekommst du einen Ausbildungsvertrag. In diesem Vertrag steht, wie viele Stunden pro Woche du arbeitest und wie viel Geld du verdienst. Ja, du bekommst während deiner Ausbildung Geld. Die Summen variieren je nach Beruf, aber es gibt ein Minimum. Im Jahr 2024 sind es im ersten Jahr, im ersten Ausbildungsjahr 649 Euro und im dritten Jahr 876 Euro pro Monat.

Die Ausbildung besteht aus 60% Praxis und 40% Theorie. Praxis bedeutet, dass du in der Firma arbeitest. Wenn es eine große Firma ist, wirst du in verschiedenen Abteilungen eingesetzt. Während meiner Krankenpflegeausbildung habe ich zum Beispiel in der Chirurgie, in der Intensivpflege und in der Psychiatrie gearbeitet. Die theoretische Ausbildung findet in der Schule statt. Entweder hast du an zwei Tagen pro Woche Unterricht oder du hast Blockunterricht, d.h. du gehst zum Beispiel sechs Wochen lang nur zur Schule. In der Krankenpflege hatten wir Blockunterricht.

Nach anderthalb Jahren Ausbildung hast du eine Zwischenprüfung und am Ende eine Abschlussprüfung. Die Abschlussprüfung besteht aus einem mündlichen und einem schriftlichen Teil. Bei manchen Berufen gibt es auch einen praktischen Teil, z. B. in der Kranken- und Altenpflege. Wenn du alle Prüfungen bestanden hast, bekommst du ein Zertifikat, hast jetzt eine abgeschlossene Ausbildung und kannst in diesem Beruf arbeiten.

Früher hatten die Menschen mit einer Ausbildung „ausgelernt“.

Mein Großvater hat das noch so gesagt. Er hatte eine Ausbildung als Schneider gemacht und danach bis zur Rente in einer Fabrik gearbeitet. Nach seiner Ausbildung hat er nie wieder etwas Neues gelernt, er hatte ausgelernt. Mein Großvater ist Mitte der 1980er Jahre in Rente gegangen. Schon bei meinen Eltern war es anders. Meine Mutter hatte Ende der 1960er Jahre eine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht. Sie hat in einem großen Industriebetrieb im Büro gearbeitet. Genauso wie ihr Vater hat sie ihr ganzes Leben lang in der gleichen Firma gearbeitet, aber sie ist 2011 in Rente gegangen und zwischen 1965 und 2011 hat sich in Büros in Deutschland und überall auf der Welt sehr viel geändert. Während ihrer Ausbildung hat meine Mutter mit viel Papier gearbeitet. Als sie in Rente ging, haben alle am Computer gearbeitet. Meine Mutter musste also lernen, wie man mit einem Computer arbeitet. Dazu gab es Fortbildungen. Fortbildungen sind Seminare, die zwei Stunden, einen Tag oder auch eine Woche dauern können. Man lernt eine neue Fähigkeit. Meine Mutter hatte zum Beispiel Fortbildungen für Excel und firmenspezifische Software. Fortbildungen dauern nicht sehr lange und sind sehr spezifisch. Sie werden meist von der Firma angeboten und bezahlt, aber natürlich kann man auch privat Fortbildungen machen, um damit seine Chancen auf einen besseren Job zu verbessern. Wenn du privat ein Seminar besuchst, um Malen zu lernen, ist das keine Fortbildung. Eine Fortbildung hat immer etwas mit Beruf zu tun. Wenn du also Maler bist und ein Seminar besuchst, um eine neue Maltechnik zu lernen, dann ist das eine Fortbildung.

Als letztes haben wir noch die Weiterbildung. Erinnerst du dich an mein Beispiel von der Krankenschwester Lena?  Sie hat eine Weiterbildung zur Fachkrankenschwester Intensivpflege gemacht, die zwei Jahre gedauert hat. Hier sehen wir zwei Aspekte der Weiterbildung: Sie dauert länger als eine Fortbildung und du erwirbst eine zusätzliche Qualifikation, also keinen speziellen Skill, sondern etwas Größeres, um es mal so zu sagen.  In Deutschland bekommt eine Fachkrankenschwester zum Beispiel immer ein höheres Gehalt als eine Krankenschwester ohne Weiterbildung.

Meistens machen wir Weiterbildungen, die irgendwas mit unserem Beruf zu tun haben, aber du kannst dich grundsätzlich in allen Bereichen weiterbilden. Es gibt hier nicht so einen klaren Unterschied zwischen privat und beruflich wie bei der Fortbildung, aber natürlich benutzen wir den Begriff Weiterbildung auch eher im beruflichen Bereich. Weiterbildungen sind viel teurer als Fortbildungen – weil sie ja viel länger dauern. Wenn dein Arbeitgeber sie bezahlt, musst du normalerweise eine Vereinbarung unterschreiben, dass du nach dem Ende deiner Weiterbildung nicht sofort kündigen wirst bzw du darfst nicht sofort kündigen. Du musst dann zum Beispiel noch ein, zwei oder auch fünf weitere Jahre für diesen Arbeitgeber arbeiten.

Wenn du deine Weiterbildung selbst bezahlst, kannst du die Kosten normalerweise von der Steuer absetzen oder zumindest einen Teil der Kosten. Das gilt auch für Fortbildungen, die du selbst bezahlst. Es gibt bestimmte Gesetze und Regeln, welche Weiter- und Fortbildungen steuerlich absetzbar sind, aber dazu kann ich dir leider nichts sagen, da ich Deutschlehrerin und keine Steuerberaterin bin und außerdem in Argentinien lebe.

Aber ich kann dir anbieten, den Wortschatz zum Thema Aus-, Fort- und Weiterbildung mit Hilfe des Worksheets, das ich für diese Podcast-Folge erstellt habe, intensiv zu üben. Das Worksheet kannst du zusammen mit einem Transkript mit Vokabelliste Deutsch-Englisch als Einzelprodukt erwerben. Einen Link findest du unten in der Beschreibung. Oder du wirst Mitglied im German with Stories Club. Mein Membership-Programm ist gerade zu Patreon umgezogen und auf die ersten Mitglieder warten coole Überraschungen. Schau doch einfach mal bei patreon.com/germanwithstories vorbei. Ich lasse dir auch einen Link unten in der Beschreibung zu dieser Podcast-Folge. So, das war es für heute. Die nächste Podcast-Folge für B1/B2-Lerner gibt es in zwei Wochen. Bis dann.

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