45 – Deutschland 1918 – 1923

11. November 1918. Nach mehr als vier Jahren Krieg endlich wieder Friede in Europa. Der Erste Weltkrieg ist vorbei. Ungefähr 10 Millionen Soldaten haben in diesem Konflikt ihr Leben verloren. 2 Millionen Deutsche, 1,8 Millionen Russen, 1,4 Millionen Franzosen. Deutschland und Österreich-Ungarn haben den Krieg verloren. Deutschland und Österreich wurden Republiken, sie waren keine Monarchien mehr. Wie ging es weiter in Deutschland? Wie waren die ersten Jahre nach dem Krieg?

Wieso endete der Erste Weltkrieg im November 1918? Nun, spätestens nach dem Kriegseintritt der USA im April 1917 hatten Deutschland und seine Verbündeten keine Chance mehr. Trotzdem wollte Wilhelm II die deutsche Marine Ende Oktober 1918 in eine Seeschlacht gegen Großbritannien schicken. Aber die Matrosen sagen „nein”. Sie wollen nicht gegen die Briten kämpfen, weil sie wissen, dass sie dann sterben werden. Andere Soldaten und auch die Arbeiter in der Rüstungsindustrie unterstützen die Matrosen. Sie fordern, dass der Kaiser abdankt und Deutschland eine Republik wird. Immer mehr Menschen gehen auf die Straße. Sie wollen Frieden und sie sind erfolgreich. Am 9. November dankt Wilhelm II ab und die Sozialdemokraten erklären Deutschland zur Republik. Zwei Stunden später ruft der Kommunist Karl Liebknecht die Sozialistische Republik Deutschland aus. Du weißt bestimmt, dass Russland im Oktober 1917 eine kommunistische Revolution hatte und natürlich gab es auch in anderen Ländern Menschen, die das gleiche wollten. Aber Karl Liebknecht hatte keinen Erfolg.

Nachdem die Deutschen nun also keinen Kaiser mehr hatten, kapitulierten sie am 11. November 1918. Wilhelm II war schon einen Tag vorher ins Exil in die Niederlande gegangen und ist nie wieder nach Deutschland zurückgekommen. Er starb 1941 in der holländischen Stadt Doorn im Alter von 82 Jahren.

So war der Krieg im November 1918 zwar endlich vorbei, aber die sozialen und ökonomischen Bedingungen in Deutschland waren katastrophal. Viele Menschen hungerten in diesem ersten Winter nach Kriegsende. 8 Millionen Soldaten kommen zurück. Viele sind traumatisiert. In fast jeder Familie sind Männer gestorben oder wurden schwer verletzt. Hinzu kam die Spanische Grippe, die im Herbst/Winter 1918 ihren Höhepunkt hatte. Anders als Covid war die Spanische Grippe vor allem für junge Erwachsene im Alter zwischen 20 und 40 Jahren gefährlich. In Deutschland starben 300.000 Menschen.

Aber das Leben muss weitergehen. Am 19. Januar 1919 finden die ersten Wahlen statt. 83% der Menschen gehen wählen, das ist sehr viel. Zum ersten Mal dürfen auch Frauen wählen. Da die Situation in Berlin immer noch chaotisch ist, treffen die Politiker sich in der kleinen Stadt Weimar, deshalb spricht man heute von der Weimarer Republik. In Weimar hatte 200 Jahre zuvor* Johann Wolfgang von Goethe gelebt und gearbeitet. Nun wurde dort das erste Parlament der neuen Republik gewählt.

Es ist jedoch eine fragile Demokratie. Es gibt viele verschiedene Parteien und fast jedes Jahr einen neuen Kanzler. Im Juni 1919 muss Deutschland den Versailler Vertrag unterschreiben. Es verliert ca 7% seines Territoriums und muss alle Kolonien aufgeben. Außerdem steht im Versailler Vertrag, dass Deutschland und Österreich-Ungarn die alleinige Schuld an dem Krieg tragen. Das wollen weder linke noch rechte Politiker akzeptieren, aber sie haben keine Wahl.

Der Bevölkerung war es egal. Genau wie heute und wohl immer im Laufe der Geschichte der Menschheit wollen die meisten Menschen einfach nur in Frieden leben und genug Geld für sich und ihre Familie haben. Damals wie heute sind wir abhängig von Entscheidungen von Politikern (oder früher Königen), die wir zum Teil gewählt haben, zum Teil aber auch nicht. Und damals wie heute denken wir häufig, dass früher alles besser war. Da waren die Menschen in der Weimarer Republik nicht anders. Viele akzeptierten die Republik nicht und wünschten sich eine Monarchie zurück.

*Counting back from 1919, I should have said 100 years ago, Goethe died in 1832

Ein weiteres Problem waren die Reparationszahlungen, die im Versailler Vertrag festgelegt waren. Deutschland sollte insgesamt ca. 33 Milliarden US-Dollar bezahlen, vor allem an Frankreich und Belgien, aber auch an Großbritannien und Italien. Die Folge waren natürlich höhere Steuern sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Das war nicht gut für die Wirtschaft.

Trotz aller Probleme wollten viele Menschen einen Neuanfang, das Leben und die Freiheit genießen. Vor allem in Berlin entstand ein intensives Nachtleben mit neuen Tänzen, freizügiger Kleidung und vielen Skandalen. Als Mitglied des German with Stories Club kannst du diesen Monat in zwei Texten über die Goldenen Zwanziger und die Tänzerin Anita Berber lesen.

Bevor das Leben in Deutschland zumindest für einige Jahre wieder besser wurde, mussten die Menschen noch die Hyperinflation von 1923 ertragen, als ein Brot mehr als 200 Milliarden Mark kostete.

So, nun weißt du ein bisschen, wie das Leben und die Politik in der Weimarer Republik direkt nach dem Ersten Weltkrieg war. Ich hoffe, diese Podcast-Folge hat dir Spaß gemacht. Nächste Woche bleiben wir beim gleichen Thema, aber mit einem fiktionalen Ansatz. Ein junges Mädchen erzählt, wie sie den November 1918 erlebt.

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