Hallo, hier ist Daniela und ich begrüße dich zu einer neuen Folge des German with Stories Podcast. Ich werde heute ein bisschen über meinen zweiwöchigen Aufenthalt in Chile sprechen und es wird auch einige Referenzen zu Deutschland geben. Bevor ich starte, ein Disclaimer: Dies ist im ersten Teil eine persönliche Folge, es sind subjektive Eindrücke und Chile ist ein Land, das ich nicht gut kenne.
Chile war das einzige Land Südamerikas, das ich noch nicht besucht hatte. Okay, ich zähle Guyana, Surinam und Französisch-Guayana nicht mit. Das sind drei Länder, die schlecht zu erreichen sind. Also, nach Französisch-Guayana kommt man von Paris aus besser als zum Beispiel von Peru aus, weil es ein französisches Überseegebiet ist. Das bedeutet übrigens, dass Brasilien eine Grenze zur Europäischen Union hat. Ok, aber das ist nicht Thema des heutigen Podcast. In Venezuela war ich Anfang der 1990er mal in Urlaub. Heute ist mir die Situation immer noch zu instabil und zu gefährlich, obwohl es mittlerweile wieder mehr Menschen gibt, die das Land besuchen.
Wie gesagt, Chile war als Land neu für mich, aber ich war in den 90er Jahren nach der Trennung von dem brasilianischen Vater meiner Kinder in Brasilien mit einem Chilenen zusammen. Wir waren allerdings nie in Chile. Wir hatten beide kein Geld. Das war die schwierigste, aber wohl auch die interessanteste Zeit meines Lebens. Nun, dieser Chilene hat mir natürlich viel von seinem Land erzählt. Er hatte es in den 80er Jahren als junger Mann aus politischen Gründen verlassen. Chile kehrte erst 1990 zur Demokratie zurück und General Augusto Pinochet blieb bis 1998 der Oberbefehlshaber des Militärs.
In den letzten Jahren galten Chile und Uruguay immer als Beispiele für gute Entwicklungen in Südamerika. Ich wusste, dass es 2019 Proteste gegen die soziale Ungleichheit in Santiago gegeben hatte. Während der Pandemie war Chile dann wohl das restriktivste Land des Kontinents and 2022 wurde ein Linker als Präsident gewählt, der sehr schnell an Popularität in der Bevölkerung verlor. Viel mehr wusste ich nicht über Chile, als ich mich ins Flugzeug gesetzt habe.
Meine Lieblingsautorin Isabel Allende kommt aus Chile und viele ihrer Romane spielen dort. Peruaner und Argentinier mögen Chilenen nicht so sehr. Das ist nichts Persönliches gegen einzelne Chilenen. Es gab Ende des 19. Jahrhunderts einen Krieg zwischen Chile, Peru und Bolivien, den Chile gewonnen hat. Die Argentinier wiederum finden es gar nicht lustig, dass die Chilenen es 1982 während des Falklandkrieges den Briten erlaubten, ihre Flugzeuge in Südchile zu landen. Trotzdem leben viele Peruaner in Chile und sowohl Argentinier als auch Chilenen machen im jeweiligen Nachbarland Urlaub.
Ich bin am 15. März ziemlich spontan nach Santiago de Chile geflogen. Ich hatte Freunde in Lima besucht und wollte eigentlich direkt zurück nach Buenos Aires, aber plötzlich waren die Flüge sehr teuer. Da ich noch keine Wohnung in Buenos Aires habe und überall arbeiten kann, habe ich mich entschieden, nach Chile zu fliegen.
Der Flug Lima – Santiago dauert etwa drei Stunden. Chile und Peru liegen zwar beide am Pazifik, aber in verschiedenen Zeitzonen. Im Sommer sind es zwei Stunden Zeitunterschied, im Winter nur eine. Chile hat Sommer- und Winterzeit, in Peru ist die Zeit immer gleich.
Mein erster Eindruck am Flughafen und auch die Fahrt mit dem Uber ins Stadtzentrum war sehr gut. Alles wirkte sehr modern und sehr gut organisiert. Das passte zu dem Bild, das ich von Chile im Kopf hatte. Danach wurde es jedoch ambivalent. Ich bin mit Santiago nicht warm geworden, das muss ich ganz ehrlich sagen. Es war nicht schlecht, aber auch nicht super. Vielleicht werde ich nach Buenos Aires nie wieder eine Stadt wirklich super finden können. Auf jeden Fall war ich sehr überrascht, dass es in Santiago und später auch in Valparaíso so unglaublich viele ambulante Händler gab. Das passte nicht zu meinem Bild von Chile. Ambulante Händler bedeutet informelles Arbeiten, soziale Unsicherheit. Ich kann nicht sagen, wie viele dieser ambulanten Verkäufer Chilenen und wie viele Ausländer waren, denn die meisten Migranten kommen aus anderen lateinamerikanischen Ländern und sprechen logischerweise Spanisch. Oder Portugiesisch und es gibt wohl auch eine größere Gruppe von Flüchtlingen aus Haiti in Chile. Also, ich habe kein Problem mit ambulanten Händlern. Ist doch besser, als kriminell zu werden. Aber ich hatte das in Chile nicht so extrem erwartet. Gut, ich war im Zentrum von Santiago und ganz sicher gibt es Viertel, wo es komplett anders aussieht.
Nach Santiago war ich dann noch eine Woche in Valparaíso und Viña del Mar. Valparaíso ist für seine bunten Häuser und Street Art bekannt. Viña ist Chiles bekanntester Badeort und jeden Sommer findet dort ein großes Musikfestival statt. In Valparaíso hatte ich Pech mit dem Wetter. Es war ziemlich kalt und es gab kaum Sonne. So ähnlich wie Lima im Winter. Vielleicht lag es daran, dass mir die Stadt nicht besonders gefiel. Ich bin aber auch kein großer Fan von Street Art und Graffiti. Viña del Mar hat mir besser gefallen. Dort kann man gut spazieren gehen und es gibt ein schönes Stadtzentrum. Valparaíso und Viña liegen direkt nebeneinander. Man kann problemlos mit dem Zug von einer Stadt in die andere fahren.
Am Ostersonntag bin ich zurück nach Santiago gefahren und habe dort eine Nacht in einem Hotel direkt am Busbahnhof übernachtet. Am nächsten Morgen ging es dann mit dem Bus über die Anden nach Argentinien. Noch nicht bis Buenos Aires, das sind noch einmal anderthalb Stunden Flug. Ende April fliege ich nach Buenos Aires. Aber hier in Mendoza fühle ich mich auch wohl.
Also, Chile war nett und ich würde gerne irgendwann mal den Norden und Süden des Landes besuchen, aber es ist für mich definitiv kein „wow – super – genial“-Land. Wie gesagt, so etwas ist subjektiv. Ich finde zum Beispiel Österreich viel schöner als Deutschland.
Ok, das war der persönliche Teil. Nun erzähle ich dir noch zwei Dinge, die Deutschland mit Chile verbinden.
Deutsche meiner Generation denken bei Chile oft an zwei Dinge bzw. Personen. Für jüngere Deutsche ist es wahrscheinlich einfach ein Land in Südamerika.
Etwa 400 km südlich von Santiago gibt es einen Ort namens Villa Baviera, Dorf Bayern. Also, eigentlich ist es eine Hotelanlage. Aber es war mal ein Ort. Eine deutsche Siedlung, um genau zu sein, Heimat einer christlichen Sekte. Zwischen 1961 und 1988 hieß dieser Ort Colonia Dignidad und erlangte traurige Berühmtheit, weil dort Kinder aus deutschen und chilenischen Familien missbraucht wurden und die dort lebenden Menschen Zwangsarbeit machen mussten. Gründer und Leiter von Colonia Dignidad war der deutsche Sektenführer Paul Schäfer. Er bekam in Deutschland Probleme mit der Justiz und floh deshalb nach Chile. Zwar gab es auch dort anfangs Probleme, aber die Colonia Dignidad isolierte sich, löste Probleme in den 60er Jahren mit Geld und hatte später gute Kontakte zur Militärregierung. Erst in den 1990ern wurde klar, was in der Colonia Dignidad wirklich passiert war. Das war damals ein wichtiges Thema in den deutschen Zeitungen. Deshalb habe ich gesagt, dass viele Deutsche meiner Generation bei Chile sofort an die Colonia Dignidad denken. Paul Schäfer konnte nach Argentinien fliehen und hat dort einige Jahre unerkannt gelebt. 2005 wurde er festgenommen und kam in Santiago ins Gefängnis, wo er 2010 gestorben ist. Vielleicht werde ich zur Colonia Dignidad noch einmal einen extra Podcast machen. Auch, wenn es kein schönes Thema ist.
Der zweite Name, der Deutschen in Verbindung mit Chile oft einfällt, ist Erich Honecker. Erich Honecker war der letzte Staatschef der DDR, des kommunistischen Ostdeutschland. Er und seine Frau Margot sind in Santiago de Chile gestorben. Wieso waren die Honeckers in Chile gelandet? Nun, das hatte keine politischen, sondern private Gründe. Die Tochter von Erich und Margot Honecker war mit einem Chilenen verheiratet. Deshalb zogen sie nach dem Kollaps der DDR nach Chile. Margot Honecker bekam dort 1992 politisches Asyl und ihr Mann durfte ein Jahr später auch kommen. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits schwer krank und starb im Mai 1994. Seine Frau lebte bis zu ihrem Tod 2016 in Santiago. Beide Honeckers waren bis zuletzt überzeugte Kommunisten. Und wieso hatte es Chilenen in der DDR gegeben? Nun, nach dem Militärputsch 1973 waren viele Chilenen aus ihrem Heimatland geflüchtet. Meine Lieblingsschriftstellerin Isabel Allende hat zuerst in Venezuela gelebt und ist von dort in die USA gezogen. Dort lebt sie bis heute. Chiles 1970 demokratisch gewählter Präsident Salvador Allende war Marxist und natürlich gab es Austausch zwischen Chile und der Sowjetunion und den osteuropäischen Staaten. Chilenische Studenten studierten in Moskau, Prag oder Ostberlin und viele von ihnen blieben nach dem Militärputsch in ihren Gastländern. Der Schwiegersohn von Erich Honecker war einer von ihnen.
So, das war es. Ich hoffe, diese Folge war interessant für dich. Wir hören uns in zwei Wochen zu einem weiteren Podcast für B1/B2-Schüler. Bis dann.
Das ist so toll, dass du spontan verreist. Ich bin so ein Mensch, dass einen Plan immer haben muss. Aber vielleicht liegt das daran, weil ich mich um meine Mutter kümmere und natürlich auch auf meine Hündin. Mein Ehemann ließ sich ein paar Mal operiert, und dann habe ich auf ihn aufgepasst. Also mag ich immer einen Plan zu haben. Ich bin auch eher introvertiert, und ich konnte mir nicht vorstellen, so mutig zu sein. Du bist wirklich cool! Ich wünsche dir ein schönes Wochenende!
Hallo Candace! Ich habe meistens einen Plan. Ich bin ja Deutsche :-D. Aber manchmal muss ich Pläne ändern oder spontan neu entscheiden. Das ist schön, dass du dich um deine Mutter kümmerst. Und mit einem Hund muss man natürlich auch planen.